Warum eine 4. Politische Theorie?

Der russische Vordenker Alexander Dugin ist nicht nur enger Berater des russischen Präsidenten Putin, sondern gilt auch vielen neuen Strömungen (wie etwa den Identitären) als geistiger Ahnherr. Mediale Bekanntheit erlangte er in Österreich durch sein erst kürzlich in Wien stattgefundenes Treffen mit sog. „Rechtsparteien“ aus Europa, darunter auch HC Strache von der FPÖ. Dugin hat sich zum Ziel gesetzt eine „4. politische Theorie“ zu entwickeln, abseits der laut seiner Meinung nach historisch gescheiterten Theorien des Kommunismus, Faschismus, Liberalismus. 

Im gleichnamigen Werk „Die Vierte Politische Theorie“ erläutert Dugin, dass es für Russland um Sein oder Nicht-Sein gehen würde, da der vom Liberalismus zerfressene Westen zwangsläufig einem Kollaps entgegensteuern würde. Alexander Dugin führt also aus, dass es eine Überlebensnotwenigkeit wäre, eine solche vierte Theorie zu entwickeln und umzusetzen: „Dabei handelt es sich um eben jenes Ereignis, einmalig und außerordentlich, auf das viele Generationen von Russen gewartet und für das sie gelebt haben, von der Geburt unserer Nation angefangen bis zur kommenden Endzeit.“ Die vierte Theorie stellt in jedem Fall das Überleben von Ethnien und Traditionen in den Mittelpunkt und nicht Märkte und Kapitalinteressen wie im heutigen Westen. Dugin erklärt, warum das notwendig ist (Auszug aus dem Buch):

„Heutzutage verstehen viele intuitiv, dass Russland keinen Platz mehr in der „Schönen Neuen Welt“ von Globalisierung, Postmoderne und Postliberalismus hat. Zuerst schaffen der Weltstaat und die Weltregierung alle Nationalstaaten allmählich ab. Noch wichtiger ist die Tatsache, dass die gesamte russische Geschichte eine dialektische Auseinandersetzung mit dem Westen und gegen die westliche Kultur gewesen ist, ein Kampf um die Erhaltung unserer eigenen, oft nur erahnten russischen Wahrheit, unserer eigenen messianischen Idee sowie unserer eigenen Variante vom „Ende der Geschichte“, egal ob es durch die russische Orthodoxie, das weltliche Herrschaftssystem Peters oder die kommunistische Weltrevolution ausgedrückt war. Die größten russischen Geister haben erkannt, dass der Westen einem Sturz in den Abgrund entgegengeht. Angesichts der Lager, in die die neoliberale Wirtschaftstheorie und postmoderne Kultur uns geführt haben, hat sich diese Intuition, die Generationen von Russen zur Suche nach Alternativen motiviert hat, als völlig berechtigt erwiesen. 

Die aktuelle Weltwirtschaftskrise ist nur der Anfang. Das Schlimmste steht noch bevor. Die Trägheit der postliberalen Politik ist derart, dass ein Kurswechsel unmöglich ist. Um den Westen zu retten, wird die entfesselte „faustische Technik“ Spenglers nach effizienteren, aber rein technischen Mitteln suchen. Dies ist eine neue Phase im Einsatz des „Gestell“, um den nihilistischen Schadfleck des Weltmarkts über die ganze Welt zu verbreiten. Von Krise zu Krise und von einer Blase zur anderen springend, machen die Weltwirtschaft und die Strukturen der postindustriellen Gesellschaft die Nacht für die Menschheit schwärzer und schwärzer. Bei einer solchen Dunkelheit vergisst man allmählich, dass es überhaupt Nacht ist. „Was ist Licht?“ fragen sich die, die es nie erblickt haben. Beim Ausbruch der Finanzkrise in 2008 z.B. haben Tausende Amerikaner eine Demonstration abgehalten, um der Regierung noch eine Marktblase abzuverlangen. Geht es noch unverschämter?
Es ist klar, dass Russland einen anderen Weg, seinen eigenen gehen muss.“