»Nach dem Tod Gottes folgt logischerweise der Tod des Menschen!«

In der Februar-Ausgabe der DEUTSCHEN STIMME behandeln wir die Strategie des »Great Reset«, wie sie offenbar von Globalisten betrieben wird, um ihren überhitzten Finanzkapitalismus neu zu starten. Doch das ist nicht des Pudels Kern.

Zentraler Bestandteil einer globalen neuen Weltordnung ist die Philosophie des Transhumanismus. Im Untertitel der Februar-Ausgabe setzen wir dem daher »Menschlichkeit und Völkervielfalt« entgegen.

Im großen DS-Interview der Februar-Ausgabe gehen wir mit Alexander Dugin eher aktuell-politischen Fragen und der dahinter stehenden Auseinandersetzung zwischen Globalisten und Anti-Globalisten nach.

Die Februar-DS wird abgerundet durch ein ausführliches Interview mit dem russischen Philosophen und Vordenker Alexander Dugin, das unser Autor Alexander Markovics für uns führte. Schwerpunkt des Gespräches im Magazin ist der globale Kampf zwischen »Great Reset« und »Great Awakening«, also dem großen Erwachen. Einige sehr wichtige, vor allem philosophische Fragen und Antworten fanden in die Druckausgabe leider keinen Eingang, weshalb wir diese hier nachtragen wollen.

DS: Sie haben mit dem Transhumanismus ein wichtiges Thema angesprochen und selbst viel über die objektorientierte Ontologie von Reza Negarestani geschrieben. Worin sehen Sie die Gefahr, die von diesen Entwicklungen ausgeht?

A.Dugin: Ich denke, dass die objektorientierte Ontologie am ehesten eine Einschließung, Offenlegung und Manifestation des wahren Ziels der Moderne darstellt. Sie stellt eine Art Endstation dar, vor der die Moderne im Namen des Menschen handelte. Und mit der objektorientierten Ontologie kommen wir an dem Punkt der Realität an, dem eigentlichen Ziel, das nicht in der Befreiung der Menschheit, sondern in der Vernichtung der Realität bestand, also dem Tod des Menschen, denn nach dem Tod Gottes folgt logischerweise der Tod des Menschen und genau diese versteckte Agenda wird nun in der objektorientierten Ontologie offenbar.

Reza Negerastani, Nick Land und Miaso laden uns dazu ein, die Menschheit zu verlassen und zu den Dingen selbst, zu den Objekten ohne Subjekte zu gehen. Das ist gewissermaßen die wahre Agenda des Materialismus. Also wurde der Materialismus von dieser objektorientierten Ontologie inspiriert, die am Ende des Materialismus erschien, nicht an seinem Anfang. Das ist die logische Konsequenz, die sie bereits früher hätten erhalten können, aber die Dinge sind wie sie sind in der Geschichte des Daseins und daher kam in der Philosophiegeschichte die objektorientierte Ontologie zuletzt. Also besteht genau darin die Einladung, wie es Nick Land ausdrückt, die gesamte Menschheit und alles Leben auf der Erde auszulöschen. Davor war sie nur eine schwarze Karikatur der Traditionalisten gegen die Fortschrittsanhänger, denn der Fortschritt nahm immer an, dass wir für die Befreiung der Menschheit kämpfen, für das Leben auf der Erde, die Menschen und die Freiheit. Nun taucht eine Gruppe noch fortschrittlicherer, noch modernerer, noch futuristischer Denker auf: »Nein, überhaupt nicht. Mensch zu sein ist faschistisch, Mensch zu sein bedeutet, den Objekten Subjekte aufzuzwingen.« Wir müssen die Objekte von den Subjekten, von der Menschheit befreien und was noch interessanter ist, die Dinge so erforschen wie sie sind ohne den Menschen, ohne ein Werkzeug des Menschen und damit zuhanden zu sein um es in der Terminologie Heideggers auszudrücken, so sind sie auf der anderen Seite des Objekts angekommen wo man annahm, dass die Leere sein muss, aber stattdessen entdecken sie ein weiteres Subjekt. Sie werden die Idiotengötter Lovecrafts genannt, die Alten, die Figuren die jenseits der Objekte sind aber zugleich auch in ihnen. Also werden die Objekte vom menschlichen Subjekt befreit, von der Menschheit, genauso wie sie ihre versteckte Dimension offenbaren, die der wahre Teufel ist.

Die künstliche Intelligenz kann ohne Menschen existieren

Die objektorientierte Ontologie ist eine Art Vorahnung oder Vorhersehung der Ankunft des philosophischen Teufels. Daher befindet sich der philosophische Teufel auf der anderen Seite der Objekte und er taucht Stück für Stück auf der Universität, innerhalb der Gender-Studien auf und das ist dann der nächste Schritt, nachdem die analytische Philosophie den Weg für eine nicht-menschliche Art des Denkens bereitet hat. Die künstliche Intelligenz kann ohne Menschen existieren und ohne Leben auf der Erde. Im Falle der objektorientierten Ontologie haben wir es also mit einer echten Wahrheit und nicht mit einer Lüge zu tun. Zum ersten Mal hat die Moderne die Wahrheit über sich gesagt. Was davor bestand, war eine Lüge der Moderne. Die Moderne hat jeden angelogen: »Oh, wir sind für den Menschen, für das Leben, wir versuchen, die Menschen und die Natur von einem transzendenten faschistischen Gott zu befreien.« Das war eine Lüge, die nicht zugunsten des Menschen erfolgte, sondern gegen den Menschen und Gott gerichtet war.

»Für uns Traditionalisten war die Moderne schon immer etwas Dämonisches«

Die eigentliche Idee bestand darin, den Teufel von den Ketten zu befreien, durch die er an die Hölle gefesselt war. Sie bestand in der Befreiung des Teufels und nicht des Menschen und jetzt kommt der Moment, den Teufel von der Menschheit und vom Leben zu befreien. Und genau in dieser offenen, klaren, expliziten Annahme besteht die objektorientierte Ontologie. Und sie sind objektorientierte Philosophen, sie sind uns Traditionalisten näher, weil wir die Moderne immer schon als etwas Teuflisches und Dämonisches betrachtet haben. Für die Traditionalisten war die Moderne also nichts Neutrales.

Die Moderne war von Anfang an eine teuflische Schöpfung und darin besteht die eigentliche Traditionslinie. Nun tauchen unter den am meisten fortschrittlichen Philosophen Denkschulen auf, die genau dasselbe sagen, aber sich dabei für den Teufel aussprechen. Es sind nicht Aleister Crowley oder die schwarzen Messen von La Vey: Die wirkliche schwarze Magie besteht in der modernen Wissenschaft und der modernen Kultur. Die moderne Zivilisation stellt die Vorbereitung für die Ankunft des Antichristen dar, welchen die islamische Tradition als den Dajjal identifiziert. Ich denke, dass diese Anrufung von Lovecraft, der schwarzen Magie und der Aufruf zur Auslöschung der Menschheit und der Natur im Werk von Nick Land über die wahre Natur der Wissenschaft und der Moderne ebenso offengelegt wird und daher auch dem Great Awakening dienen. Die objektorientierte Ontologie stellt die andere Seite des Great Awakening dar, wenn unser Bewusstsein erwacht ist, dank des Wissens darum, was der Fortschritt wirklich bedeutet.

»Die geistige Kraft mobilisieren – den Rest unserer menschlichen Würde erwecken!

Dadurch wird unsere geistige Kraft mobilisiert, die den Rest unserer menschlichen Würde erweckt. Und darin besteht der eigentliche Kampf, denn es ist besser, sich mit den Menschen auseinanderzusetzen, die die Wahrheit über negative Zwecke und Prinzipien erzählen, als mit Lügnern. Innerhalb der Lüge erscheint also die radikalste Wahrheit über das Leben. Daher konnte ich sie nicht genauso verurteilen, wie ich etwa die analytische Philosophie, den Positivismus oder die Naturwissenschaften eines Newton und Galilei hasse, die eine reine Katastrophe war, eine Lüge über die Natur und die Menschheit. Zum Beispiel hasse ich Biden und Kamala Harris, aber ich könnte weder Reza Negarestani, Nick Land oder Harman hassen, bei denen es sich um echte, bewusste Satanisten handelt. Wenn zum Beispiel die Anhänger des Fortschritts in den Vereinigten Staaten verkünden würden, dass sie dem Teufel dienen und die Rückkehr des Teufels vorbereiten, könnte man mit ihnen viel einfacher zu Rande kommen. Ich ziehe immer die Wahrheit vor, auch wenn die Wahrheit sehr dunkel und schrecklich ist, ich ziehe sie immer der angenehmen Lüge vor, die versucht, in unser Denken einzusickern. Das Böse hilft uns aufzuwachen, eben weil es schrecklich ist. Und ich bin davon überzeugt, dass die Amerikaner nun durch Kamala Harris und die Demokraten den eigentlichen Schrecken erfahren. Ich denke, je mehr Schrecken, desto besser.

DS: Dies bringt uns zur von Ihnen vor kurzem organisierten Konferenz »Wozu Philosophen in dürftiger Zeit?«. Dort haben Sie das auf Aristoteles und Johannes Tauler zurückgehende Konzept des »Radikalen Selbst« vorgestellt. Bitte erläutern Sie unseren Lesern kurz, worum es sich dabei handelt!

A.Dugin: Das ist der wichtigste Punkt, denn bei der Radikalisierung des Great Resets gegen das Great Awakening steht das Konzept des Subjekts im Zentrum der Schlacht. Konservative versuchen, das menschliche Subjekt zu retten und die Progressiven versuchen, es offen zu Gunsten einer post-humanen, nicht-menschlichen künstlichen Intelligenz, einem technologischen Cyberspace und der Cyber-Ontologie zu zerstören. Hier steht also das Problem des Subjekts im Zentrum, denn die Anhänger des radikalen Objekts geben sich nicht mehr damit zufrieden, den Menschen als Herren über seinen Körper und etwas Subjektivität zu definieren. Sie versuchen, den Menschen als Maßstab zu sehen. Aus diesem Grund versuchen sie, das Genom zu entschlüsseln und die DNA zu verbessern. Sie behandeln den Menschen als Maßstab, deswegen sind die moderne Medizin, die modernen Impfungen und die moderne Technologie und so weiter wie sie sind. Das ist der eigentliche Punkt, dass der Mensch nur eine Art Maßstab ist und noch dazu kein vollkommener Maßstab, er ist nur hier, um einen besseren als sich selbst aufzustellen. Und das ist die Ablehnung des Subjekts und der letzten von ihm übrig gebliebenen Reste im Rahmen der objektorientierten Ontologie, was wir auch nicht so klar definiert in der eher allgemein gehaltenen Propaganda des Fortschrittsdenkens finden.

Nicht nur in Russland ein gefragter Gesprächspartner: Alexander Dugin.

Der Hauptpunkt der Konferenz war das Radikale Selbst, die Idee, dass wir das Subjekt weder retten noch verteidigen können, wenn wir die Materie so akzeptieren wie sie uns in der Moderne und der modernen Philosophie dargestellt wurde. Dabei handelte es sich bereits um ein verstümmeltes Subjekt, ein Subjekt, das von seinen Wurzeln abgeschnitten ist – und um dieses sekundäre, periphere Subjekt zu retten, müssen wir die Rückkehr dieses Subjekts zu seinen Wurzeln möglich machen. Es geht nicht um das Innere, sondern sogar mehr noch um die innere Welt, es ist eine Art innere Transzendenz, die wir erreichen sollten, um das Subjekt zu retten, das im Stich gelassen und komplett zerstört wurde. Also handelt es sich dabei um eine sehr wichtige Sache, die wir vergessen haben. Wir haben eines dieser Segmente auf dem Weg in uns selbst vergessen, vergessen zu bedenken, was das der innerste Mensch ist, der homo intimus im Lateinischen.

Wir betrachten unseren Intellekt als etwas, das Aristoteles den passiven Intellekt nannte, wir haben unseren aktiven Intellekt vom Mittelalter und der scholastischen Tradition an vergessen. Meine Idee liegt darin, dieses Radikale Selbst wiederherzustellen, um allen jenen, die das Subjekt in Frage stellen, einen radikalen Kampf zu liefern. Meiner Meinung nach können wir das Nicht-Radikale Selbst, welches noch immer existiert, weder retten noch verteidigen, wenn wir nicht das Radikale Selbst wiederherstellen, welches bereits vor Jahrhunderten aus dem Feld der Philosophie verschwand. Die Wiederentdeckung der aktiven Intelligenz innerhalb unserer Seelen und unserer Herzen ist also in vielerlei Hinsicht dasselbe wie die Wiederentdeckung des absoluten Geistes bei Hegel und Schelling oder Fichte mit dem absoluten Ich.

»Die Würde der Philosophie wiederentdecken«

Ich denke, dass dieser Weg uns über die Entschlüsselung der klassischen deutschen Philosophie führt, die über den Marxismus durch den Linkshegelianismus und seine Anwendung pervertiert worden war. Wir müssen die Würde der Philosophie zunächst mit Heidegger aber auch den anderen deutschen Philosophen wiederentdecken. Wir müssen Aristoteles wiederentdecken, indem wir phänomenologische Methoden verwenden. Wir müssen die Moderne in der Philosophie überdenken, da die Stufen zum Verlust dieses Radikalen Selbst über seinen ursprünglichen Eindruck beim Heiligen Augustinus, Dietrich von Freiberg und den Philosophen wie Tauler, Meister Eckart und Heinrich Suso aber auch Paracelsus und Jakob Böhme verliefen. Alle von ihnen hatten ein klares Verständnis und Erfahrung vom Radikalen Selbst. Und ich denke, dass das nicht nur ein besonderes Teilgebiet der Philosophie ist, nicht etwas Willkürliches, sondern das Zentrum, etwas Unausweichliches, das eigentliche Problem. Das eigentliche Problem bei der Rettung der Menschheit besteht darin, das Radikale Selbst zu retten, das viele Jahrhunderte lang in der Philosophie vergessen und an den Rand gedrängt war, nur durch die Rehabilitierung des aktiven Intellekts können wir uns zum Endkampf mit der objektorientierten Ontologie und dem Fortschrittsdenken rüsten.

Die theoretische Hauptbewaffnung der Trumpisten im Great Awakening muss also die Philosophie sein. Die deutsche Philosophie, die griechische Philosophie, die traditionelle westliche Philosophie – sie kämpfen für den Westen, für die indoeuropäische Kultur, also müssen sie auch seine Prinzipien kennen. Sonst ist der Kampf von Anfang an verloren. Daher denke ich, dass ohne diese Schicht des Radikalen Subjekts wir nicht einmal vom Kampf oder gar dem Sieg träumen können, weil der Kampf selbst bereits von allen Wurzeln des menschlichen Seins abgetrennt wurde, die sich tief in unserer Seele befinden und bereits vor langer Zeit verloren wurden.

DS: Herr Dugin, wir bedanken uns für das tiefgründige Gespräch.