„Sie leben“ - Die neoliberale Ideologie und wie wir durch die Brille die Wahrheit erkennen können

„Arbeite! Konsumiere! Gehorche!“

Was nach einer Beschreibung der gesellschaftlichen Realität im Westen des 21. Jahrhunderts klingt, sind die Befehle der Aliens im Film „Sie leben“ von John Carpenter aus dem Jahr 1988. Dieser Umstand ist auch kein Zufall, sondern beabsichtigt. Wie Carpenter in einem Interview erklärte, wurde der Film von ihm, aufbauend auf der Science-Fiction Kurzgeschichte „8 o'clock in the morning“ von Ray Nelson aus dem Jahr 1963 die 1986 als Comic von Bill Wray als Comic adaptiert wurde [1] , nicht mit der Intention einen Action oder Science-Fiction Film zu schaffen gedreht, sondern als Dokumentation [2] der USA in den 1980er Jahren und insbesondere Ronald Reagans' „(neo-)konservativer“ Revolution.

Reagans Revolution und der Neoliberalismus als Hauptthema von „Sie leben“

In dieser Zeit setzte sich der Neoliberalismus im Westen zur Gänze durch. Gaben sich westliche Eliten zuvor noch im Systemkampf des Kalten Krieges Mühe den Kapitalismus zu zähmen, um die eigene Arbeiterschaft dem Liberalismus gegenüber loyal zu halten, setze sich das gesellschaftliche Experiment der „Chicago Boys“, die in Chile unter der Diktatur Pinochets einen Feldversuch gewagt hatten und damit ein nun ungezügelter Kapitalismus durch. Sozialleistungen wurden gestrichen, Märkte dereguliert, staatliche Firmen privatisierte und Millionen Menschen zu „working poor“ machte, Arbeitsnehmern die nur noch von der Hand in den Mund lebten. Die Reste der Gesellschaft wurden durch die Beschleunigung des Individualismus zerstört, „Bowling alone“ wurde somit immer mehr zur Realität, was auch die schrittweise Gleichschaltung im Sinne der neoliberalen Agenda bedeutete. Diese Revolution Reagans, die in Europa durch Margret Thatcher verbreitet wurde („There's no such thing as society [3]“), zeichnete sich auch durch ein (damals vor allem in akademischen Kreisen) Aufkommen der Political Correctness, der Gendertheorie, der Vorstellung eines „grünen“, „klimaneutralen“ Umbaus der Gesellschaft (man denke an das Lied „California ueber alles“ von den Dead Kennedys), eine Konsumgesellschaft die ihre Konsumenten konsumiert und des pathologisch-universalistischen Anti-Rassismus aus, alles Dinge, die sich bis heute fortsetzen. Oder um es mit den Worten Carpenters zu formulieren: Die Reagan Revolution hat niemals geendet. Dies alles geschah in seinen Augen, weil die Rechte „verwirrt und verloren sei“, während die Linke ihre eigenen Wurzeln hinter sich gelassen hat. Scheinbar gibt es keine Alternative zur bestehenden Ordnung mehr, wir können uns eher ein Ende der Welt als ein Ende des Kapitalismus vorstellen, wie der Lacan-Schüler Slavoj Zizek proklamierte. Ideologisch gesehen ist sie das Ergebnis eines Umbaus des Kapitalismus, beginnend mit der Konvergenztheorie [4] die insbesondere von der globalistischen Denkfabrik „Club of Rome“ vorangetrieben wurde, hin zu seiner von Alexander Dugin beschriebenen Version 2.0 [5] , die den Reichtum der Welt nur eine kleinen Elite zugänglich machen will, während der Rest der Menschheit „Nichts besitzen und glücklich sein soll.“ (so das World Economic Forum).

Wie können „Sie leben“, wenn sie tot sind? Über die visuelle Darstellung der Entfremdung im Kapitalismus

Der Film selbst beginnt mit der Ankunft des Wanderarbeiters Nada in Los Angeles, Kalifornien, wo er selbst direkt Zeuge der grassierenden Armut einer Obdachlosensiedlung wird (die im übrigen eine authentische Kulisse darstellt). Wie sein Name und die fehlende Hintergrundgeschichte andeuten, ist er eine tabula rasa und Projektionsfläche, jeder von uns könnte Nada sein. Mit der Hilfe einer christlichen Widerstandsgruppe gelangt er an eine Sonnenbrille, die es ihm erlaubt hinter die Illusion der vor ihm liegenden Realität zu schauen und die Wahrheit zu erkennen: Die Menschen werden von Aliens beherrscht, die einerseits wie insektenartige Außerirdische wirken, andererseits auch untoten Versionen von uns selbst ähneln. Dabei wird schon der erste Widerspruch des Films deutlich: Wie können „Sie leben“, wenn sie tot sind? Es scheint, dass der Regisseur Carpenter damit auf die Selbstaufgabe des Menschen durch seine Eingliederung in das neoliberale System aufmerksam machen will, indem er selbst zum Objekt wird. Der Mensch wird von seinen kulturellen Wurzeln und schließlich von seiner Menschlichkeit entfremdet, er wird zur Maschine, um im System funktionieren zu können. Die Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft – die hegelianische Philosophie im Film.

Dennoch arbeiten die Menschen mit den Aliens zusammen, die sie durch die Annehmlichkeiten der Konsumgesellschaften gefügig gemacht machen. Die Außerirdischen in „Sie leben“ üben sowohl in politischer, als auch in sozioökonomischer Hinsicht Macht über die Menschen aus. Als er durch die Brille blickt, die es ihm erlaubt hinter die neoliberale Ideologie der Aliens zu schauen, merkt Nada, dass die Zeitungen in Wahrheit verschlüsselte Befehle enthalten, die die Aliens aber auch selbst lesen - „Gehorche! Arbeite! Konsumiere! Heirate und pflanze dich fort!“ richtet sich nicht nur an die Menschen, sondern auch an die Aliens selbst. Auch der Polizei und Medienapparat, der das System aufrecht erhält, besteht nicht nur aus Aliens, sondern auch aus Menschen. Sofort fühlt man sich an Georg Wilhelm Friedrich Hegels Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft erinnert, wenn man bemerkt, dass die Aliens am meisten an diesem System hängen [6], da sie über die prestigreichsten Positionen verfügen, ähnlich wieder Sklavenmeister. Die Menschen hingegen, gleich den Sklaven, können nur gewinnen, da sie nichts zu verlieren haben außer ihren Ketten [7]. Doch gerade die menschlichen Kollaborateure haben viel zu verlieren, wie man aus diesem offenbarenden Zitat [8] gegen Ende des Films herauslesen kann:

„In Wirklichkeit gibt es keine Länder mehr - Menschen die gut sind schon gar nicht! Die haben alles unter Kontrolle, ihnen gehört einfach alles, dieser ganze scheiß Planet, sie können tun und lassen was sie wollen! Was ist denn falsch daran, wenn man es auch mal gut hat?! Und Sie sorgen dafür, dass es uns gut geht, wenn wir ihnen helfen! Sie werden uns in Ruhe lassen und wir können unser Geld verdienen! Ihr kriegt von dem Kuchen auch ein Stück ab, das wollt ihr doch, das weiß ich, ehrlich, das will doch schließlich jeder!“

Während das „Aliensystem“ des Neoliberalismus nationalstaatliche Grenzen überwindet, der Freie Markt alle Grenzen aufhebt, werden auch die Menschen die in diesem System leben zu Objekten und können nicht mehr selbst über ihr Schicksal entscheiden. Sie selbst werden korrumpiert, entmenschlicht und zu Aliens gemacht, die einander fremd sind. Sie tauschen ihre Menschlichkeit und Integrität gegen eine Teilhabe am System, das ihnen „ein Stück“ am Kuchen, materiellen Komfort und Prestige im Tausch gegen ihre Seele verspricht. An diesem Zitat lässt sich also nicht nur ein globalismus- und liberalismuskritischer Aspekt des Films, sondern auch seine klassenkämpferische Aussage erkennen, die weit über den Inhalt der Kurzgeschichten/Comicvorlage hinausgeht [9].

Nicht denken! Kritik an der politischen Korrektheit

Sowohl ihnen als auch den Aliens wird befohlen: „No thought!/Nicht denken!“ - man kann diese Botschaft als Seitenhieb auf die „political correctness“ deuten, die uns ebenfalls das Denken verbieten will. Hier können wir abermals eine wunderbare Parabel auf unsere Gesellschaft erkennen, die gerade deswegen so reibungslos funktioniert, weil die Menschen sie nicht hinterfragen, nicht mehr dazu in der Lage sind über ihre eigene Existenz nachzudenken und zu philosophieren. Die diabolische Wirkung der politischen Korrektheit besteht darin, dass sie unser Denken „auf Schiene bringt“, indem sie uns verbietet gewisse Dinge nicht nur zu sagen, sondern zum Gedankenverbrechen erklärt und uns quasi wie Roboter nach dem Wunsch ihrer Anwender programmiert. Der Charakter Holly, der aufgrund seiner Augen wie ein Alien/Menschhybrid wirkt, verkörpert dahingehend die Kollaboration der Menschen mit diesem menschenfeindlichen System. Das es alles andere als einfach ist, die Wahrheit zu akzeptieren und das Reich der Lüge hinter sich zu lassen, beweist uns der Kampf zwischen Nada und Frank. Letzterer weigert sich die Brille aufzusetzen und der Wahrheit ins Auge zu blicken.

Der Blick hinter den Schleier der bürgerlichen Ideologie – ein schmerzhaftes Unterfangen

Doch warum wehrt sich Frank? Er tut es, weil es schmerzhaft ist, hinter die Illusion der bürgerlichen Ideologie zu blicken und die Wahrheit zu erkennen [10]. Dieses schmerzhafte Erlebnis, einerseits zu erkennen sein ganzes Leben belogen worden zu sein, andererseits sich selbst einzugestehen, dass man diese Lügen nur zu bereitwillig geglaubt hat, erwartet jeden, der die Lebenslügen des Liberalismus durchschaut hat. Wer will sich schon eingestehen, als Werkzeug ihm unbewusster Mächte funktioniert zu haben? Wer zugeben, dass er in einem menschenfeindlichen System mitgelaufen ist und vielleicht sogar kollaboriert hat? Wer sich selbst eingestehen, dass er sich darin sogar wohlfühlt, obwohl es moralisch falsch ist? Und vor allem: Wer will sich schon freiwillig den Härten des Widerstands, des „Nichtfunktionierens“ aussetzen, wenn er sich einfach in der Lüge einrichten und „funktionieren“ kann?

„Sie leben“ und unsere Realität: Wer nicht an Gott glaubt, ist in der Lage an alles zu glauben

Jeder einzelne von uns wurde in den letzten Jahren damit konfrontiert: Seien es die Lügen unseres Staates in Bezug auf den Coronavirus oder hinsichtlich des Kriegs um die Ukraine. Doch auch wenn man die Wahrheit erkannt hat, kann man sie zurückweisen und sich in der Lüge einrichten. Humanismus, Liberalismus und Aufklärung haben nämlich genau das möglich gemacht: Wer nicht an Gott glaubt, glaubt nicht an nichts, sondern ist dazu in der Lage alles zu glauben. Egal ob Agnostizismus, Atheismus, offener Satanismus, Transhumanismus, New-Age-Patchwork-Religion oder die drei Ideologien der Moderne: Durch die fehlende Beziehung zu Gott und zur Metaphysik wird der Mensch in seinem prometheischen Wahn zu allem fähig.

Das Christentum als Antwort auf den Nihilismus

Diesem Nihilismus unserer Zeit, den auch der orthodoxe Mönch Seraphim Rose anklagte, können wir die christliche Botschaft der Bibel [11] entgegenstellen:

Da sprach nun Jesus zu den Juden, die an ihn glaubten: So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.

Ronald Reagen und Margaret Thatcher kamen unter anderem dadurch an die Macht, dass sie die Regierung an sich anklagten und jede Form von Herrschaft als etwas böses brandmarkten. Doch wie John Carpenter in einem Interview richtig feststellte, gibt es gute und schlechte Regierungen. Während die schlechte Regierung tatsächlich böse ist (worunter auch die Abwesenheit von Herrschaft fällt), ist die gute Regierung gut und wahrhaftig.

Neue Rechte und Vierte Politische Theorie: Unsere Brille, um die Wahrheit zu erkennen

Angesichts eines Systems, das im Rahmen des Great Resets noch unmenschlicher und brutaler geworden ist als die neoliberalen Aliens aus „Sie leben“, brauchen wir heute noch dringender als je zuvor Brillen, um diese Illusion in der wir leben durchschauen und verstehen zu können. Die Ideen der Nouvelle Droite aus Frankreich und Alexander Dugins Werk „Die Vierte Politische Theorie“ stellen genau solche Brillen dar, mit denen wir hinter die Masken der Globalisten schauen und die Wahrheit als solche erkennen können, gemäß den Worten Jesu als etwas das uns frei macht sowie aus der Knechtschaft befreit.Wenn wir die Moderne und ihre Wurzeln verstehen, begreifen auf welcher Anthropologie des Menschen und welcher Philosophie sie aufbaut, dann sind wir nicht nur dazu in der Lage sie zu dekonstruieren, sondern werden auch dazu befähigt eine Alternative zur Postmoderne zu formulieren, die die politische und geistige Freiheit der Völker in einer multipolaren Welt möglich macht.

[1] Vgl. Sie leben. Über Ideologiekritik und Verschwörungstheorien in der Science Fiction | TOR Online (tor-online.de) abgerufen am 14.01.2023
[2] Vgl. (15) They Live in John Carpenter's Own Words – YouTube, abgerufen am 14.01.2023
[3] Vgl. Margaret Thatcher: There’s No Such Thing as Society - New Learning Online , abgerufen am 14.01.2023
[4] Vgl. Konvergenztheorie • Definition | Gabler Wirtschaftslexikon , abgerufen am 14.01.2023
[5] Vgl. Dugin, Alexander: Das Grosse Erwachen gegen den Great Reset. Trumpisten gegen Globalisten. Arktos Media Ltd. 2021.
[6] Vgl. (15) THEY LIVE who is more enslaved? - YouTube , abgerufen am 14.01.2023
[7] Vgl. hierzu folgendes Zitat des Linkshegelianers Marx: Die Proletarier dieser Welt haben nichts zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen. Proletarier aller Länder, vereinigt euch! Quote by Karl Marx: “Die Proletarier dieser Welt haben nichts zu ver...” (goodreads.com) , abgerufen am 14.01.2023
[8] Vgl. Sie leben! - Filmzitate , abgerufen am 14.01.2023
[9] In der Comicvorlage kommen beispielsweise auch obdachlose Aliens vor und die Grenze zwischen Menschen und Besatzern verschwimmt noch wesentlich stärker als im Film.
[10] Vgl. The Pervert's Guide to Ideology. Präsentiert von Slavoj Zizek. 2009.
[11] Vgl. Johannes 8:32 und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen. (bibeltext.com) , abgerufen am 14.01.2023